Veröffentlicht: 24. September 2014
Inzest, verstanden als der Geschlechtsverkehr zwischen eng verwandten Menschen, ist in Deutschland gemäß § 173 des Strafgesetzbuchs (StGB) grundsätzlich verboten. In seiner Stellungnahme befasst sich der Deutsche Ethikrat mit den rechtlichen und ethischen Problemen, die sich im Zusammenhang mit einvernehmlichen inzestuösen Beziehungen zwischen Volljährigen ergeben. Besondere Beachtung findet dabei der sexuelle Kontakt zwischen (Halb-)Geschwistern, die nicht oder schon hinreichend lange nicht mehr im Familienbund zusammenleben – eine Konstellation, wie sie etwa nach Scheidungen oder in Folge von Samenspenden entstehen kann.
Davon klar abzugrenzen sind Phänomene wie Missbrauch, Nötigung oder Vergewaltigung, die jedoch bereits durch die §§ 174 ff. StGB („Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“) verboten sind, die selbstverständlich auch für sexuelle Handlungen zwischen Blutsverwandten gelten. Liegen solche Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung nicht vor, wie im Fall einvernehmlichen Inzests unter volljährigen Geschwistern, stellt sich die Frage, ob und inwieweit die Befürchtung negativer Folgen für die Familie oder die Möglichkeit der Geburt von Kindern aus solchen Inzestbeziehungen ein strafrechtliches Verbot solcher Beziehungen rechtfertigen kann.
Bei der Beantwortung dieser Frage ist der Deutsche Ethikrat zu keinem eindeutigen Ergebnis gekommen. Während eine Mehrheit dem grundlegenden Recht auf sexuelle Selbstbestimmung ein höheres Gewicht einräumen würde, spricht sich eine Minderheit für die Priorisierung des Familienschutzes und somit für eine Aufrechterhaltung des derzeitigen Verbots aus.