Neue genetische Forschungserkenntnisse und technologische Entwicklungen gestatten immer tiefere Einblicke und umfassendere Eingriffe in das Genom. Fortschritte bei der Sequenzierung von Genen sowie bei der Analyse ihrer Interaktionen (untereinander und mit weiteren Faktoren) ermöglichen ein zunehmend präziseres Verständnis ihrer gewebe- und situationsspezifischen Funktionen.
Auf dieser Grundlage werden etwa Gentests entwickelt, mit denen sich Aufschluss über einzelne Gene oder das gesamte Genom eines Organismus gewinnen lässt. Sie kommen beispielsweise beim Verdacht auf bestimmte Erkrankungen zum Einsatz oder um andere gesundheitsrelevante Genvarianten festzustellen oder auszuschließen. Weiterhin werden Gentests in der Pränatal- oder Präimplantationsdiagnostik, zur Prüfung der Verträglichkeit und Wirksamkeit von Medikamenten sowie zum Nachweis von Verwandtschaftsverhältnissen eingesetzt. Je nach Anwendungsbereich sind damit unterschiedliche individual- und sozialethische Fragestellungen verbunden.
Moderne Gentechnikmethoden wie das Genome-Editing ermöglichen wesentlich schnellere, präzisere und kostengünstigere Modifikationen von Genen. Die sich daraus ergebenden Perspektiven für maßgeschneiderte Eingriffe in die Genome von Pflanzen, Tieren und Menschen bringen neue gesellschaftliche Herausforderungen mit sich und rücken auch bereits bekannte Fragen erneut in den Fokus ethischer Diskussionen, beispielsweise zur Regulierung und Sicherheit gentechnisch veränderter Organismen. Bei Anwendungen am Menschen sind insbesondere Eingriffe in die menschliche Keimbahn und ihre Auswirkungen auf zukünftige Nachkommen sowie bestimmte Methoden der genetischen Diagnostik umstritten.
Fortschritte bei der Kultivierung von Zellen und Geweben eröffnen ebenfalls neue wissenschaftliche und therapeutische Möglichkeiten, gerade in Kombination mit genetischen Eingriffen. Insbesondere mit menschlichen Stammzellen verbinden sich sowohl große Hoffnungen als auch Kontroversen. Je nachdem, ob es um embryonale, adulte oder sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen geht, unterscheiden sich sowohl die Anwendungsmöglichkeiten als auch die damit zusammenhängenden ethischen Fragen. Sie betreffen etwa die Zulässigkeit der Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen sowie die Kultivierung von Embryonen und embryoähnlichen Gebilden. Auch Verfahren der Klonierung sowie zur Vermischung menschlichen und tierischen Gen- und Zellmaterials finden große Aufmerksamkeit in der Bioethik, ebenso wie neue Ansätze in der Fortpflanzungsmedizin und Bemühungen, mit genetisch veränderten Stammzellen geschädigte Gewebe- bzw. Organfunktionen zu ersetzten.