„Wohltätiger Zwang“ in der Kinder- und Jugendhilfe
Wann
Do, 18. Mai 2017, 13:45 - 18:00 Uhr
Wo
Veranstaltungsort
Zum Thema
Insbesondere in stationären Einrichtungen sind Maßnahmen zu beobachten, die aufgrund ihres Zwangscharakters einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Person darstellen, sodass sie in besonderem Maße ethisch und rechtlich rechtfertigungspflichtig sind. Dazu gehören u.a. die freiheitsentziehende Unterbringung von Personen in Kliniken und anderen stationären Einrichtungen, die unfreiwillige Behandlung psychischer und somatischer Erkrankungen, die medikamentöse Ruhigstellung bei herausforderndem Verhalten sowie freiheitsentziehende Maßnahmen wie der Einsatz von Bettgittern oder Fixierungsgurten und strukturelle Zwänge.
Der Deutsche Ethikrat erarbeitet derzeit eine Stellungnahme zu den Fragen, welche Formen von Zwang identifizierbar sind, welche Rolle Zwangsmaßnahmen in Praxisfeldern wie der Psychiatrie, der Pflege, der sozialen Arbeit, der Kinder- und Jugend- sowie der Behindertenhilfe spielen, inwiefern dies ethisch und rechtlich problematisch ist und welcher Veränderungsbedarf für die Praxis und deren gesetzliche Regulierung besteht. Von besonderem Interesse sind für den Ethikrat dabei solche Zwangsmaßnahmen, die mit der Begründung des Selbstschutzes der Betroffenen durchgeführt werden (sog. "wohltätiger Zwang").
Die zweite Anhörung zum Thema wird sich besonders mit Zwangsmaßnahmen befassen, die in der Kinder- und Jugendhilfe eingesetzt werden, und hierbei die Expertise aus Erziehungswissenschaft, Recht, Verwaltungspraxis und Beispieleinrichtungen einholen. Kinder und Jugendliche sind Zwang z.B. in der Form freiheitsentziehender Maßnahmen ausgesetzt, aber auch in Gestalt von Zwangsmedikation oder anderen Zwangsbehandlungen, Kontaktverboten sowie dem Einsatz von Belohnungs- und Bestrafungssystemen und ähnlichen restriktiven pädagogischen Maßnahmen.
Im Rahmen der Anhörung möchte der Deutsche Ethikrat Erfahrungen mit Formen des wohltätigen Zwangs in der Kinder- und Jugendhilfe erfragen, den Stand der Forschung in diesem Bereich erörtern und Maßnahmen zur Förderung der Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen sowie Kontrollmechanismen für Zwangsmaßnahmen und mögliche Alternativen diskutieren.
Der Deutsche Ethikrat wird hierzu auch betroffene Jugendliche befragen. Zum Schutz der Betroffenen wird deren Anhörung nicht öffentlich erfolgen.
Die erste Anhörung zu den verschiedenen Praxisfeldern, in denen wohltätiger Zwang eine besondere Rolle spielt, betraf das Gebiet der Psychiatrie und fand am 23. Februar 2017 statt. Die dritte Anhörung zu den Bereichen Pflege und Behindertenhilfe wird am 19. Mai 2017 stattfinden. Zu allen drei Praxisfeldern führt der Deutsche Ethikrat außerdem eine Online-Befragung durch, an der sich alle Personen und Institutionen mit Interesse am Thema beteiligen können.
Programm
Begrüßung
Peter Dabrock · Vorsitzender des Deutschen Ethikrates
Einführung
Sigrid Graumann · Mitglied des Deutschen Ethikrates
Erziehungswissenschaft und Recht
Holger Ziegler · Universität Bielefeld
Antworten auf den Fragenkatalog
Thomas Meysen · Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht
Präsentation
Antworten auf den Fragenkatalog
Claudia Kittel · Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte
Antworten auf den Fragenkatalog
Verwaltungspraxis
Beate Tenhaken · Jugendamt Greven
Antworten auf den Fragenkatalog
Wolfgang Keuter · Amtsgericht Bad Iburg
Präsentation
Antworten auf den Fragenkatalog
Praxisbeispiele
M. Hubert Schwizler · Timeout Jugendhilfe
Antworten auf den Fragenkatalog (mit Daniel Götte)
Dorothea Zimmermann · Wildwasser Berlin
Präsentation
Antworten auf den Fragenkatalog
Schlusswort
Peter Dabrock · Vorsitzender des Deutschen Ethikrates
00:10 Begrüßung (Peter Dabrock)
06:31 Einführung (Sigrid Graumann)
10:41 Holger Ziegler
26:26 Thomas Meysen
44:02 Claudia Kittel
54:09 Befragung durch den Ethikrat
109:27 Beate Tenhaken
124:15 Wolfgang Keuter
139:58 Befragung durch den Ethikrat
166:34 M. Hubert Schwizler
179:12 Dorothea Zimmermann
198:05 Befragung durch den Ethikrat
218:21 Schlusswort (Peter Dabrock)